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„New Work“ – ist das wirklich eine zielführende Arbeitswelt?
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Fachkräfte

„New Work“ – ist das wirklich eine zielführende Arbeitswelt?

New Work ist in aller Munde. Diese neue Arbeitsweise soll den Mitarbeitern angeblich mehr Freiheit lassen und Strukturen für ein schnelleres Entscheiden und Ausprobieren neuer Ideen garantieren. Ein Ansatz, bei dem man sich schnell verlaufen kann.

Aus früheren Zeiten kennt man bereits verschiedenste Ansätze an Veränderungsprozessen wie beispielsweise die „Management by…-Diskussionen“ (kooperativer Führungsstil), Einführung von Stellenbeschreibungen, von Beurteilungssystemen mit psychologischen Auswahlverfahren, Persönlichkeitstests, 360o –Feedback und vieles mehr. Jetzt ist „New Work“ `angesagt`– verknüpft mit Begriffen wie „Agiles Arbeiten“, „Remote Work“, „Scrum“ und endlosen „Benefits“ zur Rundumversorgung der Mitarbeiter. Und nicht zu vergessen das Angebot an diversen Bildungsaktivitäten für die digitale Arbeitswelt von Morgen.

In unseren ohnehin zunehmend aufgeheizten Trenddiskussionen entsteht schnell der Eindruck, dass in einem Unternehmen ohne dieses „New Work“ in der Zukunft nichts mehr gehen wird, wenn man den neuen Leitsätzen nicht schnellstens Folge leistet: Man wird keine Mitarbeiter mehr finden, die bestehenden Mitarbeiter können nichts mehr bewegen bzw. wollen das auch nicht. Sie sind völlig demotiviert und suchen sich umgehend einen neuen „New Work-Arbeitgeber“. Und auch die Führungskräfte wissen nicht, wie sie mit dem Thema umgehen sollen. „New Work“ hat also auch das Potenzial, sehr viel Verunsicherung in ein Unternehmen zu bringen. Bei all dem gerät der Kern der Arbeit immer mehr aus dem Fokus.

„Es ist an der Zeit, wieder mal ein bisschen mehr Realitätsbewusstsein zu entwickeln und auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren.“

Udo Wirth, Geschäftsführer der beratungsgruppe wirth + partner

In Unternehmen wird gearbeitet, um gute, marktgerechte Produkte zu entwickeln, zu produzieren und zu verkaufen. Dafür brauchen die Firmen Mitarbeiter und stellen Arbeitsplätze zur Verfügung, in denen Menschen diese Leistungen ausüben. Damit verdienen sie Geld, mit dem sie sich ihr Leben finanzieren können. Dass dies in einem Rahmen stattfindet, der Mitarbeiter zufriedenstellt und motiviert, der ihnen Freiräume und Entwicklungsperspektiven bietet, ist mittlerweile selbstverständlich. Aber genauso selbstverständlich muss es sein, dass der Arbeitgeber eine Leistung des Mitarbeiters erwarten kann, die es ihm ermöglicht, in einer globalen Wirtschaftswelt mit seinen Produkten am Markt erfolgreich und konkurrenzfähig zu sein.
Oder anders gesagt: „Ein vernünftig denkender Mensch geht nicht zur Arbeit, weil er ein Firmenfahrrad erhält, einen Frühstückskorb vorfindet, Mittags eine Massage und anschließend eine Rückenschule bekommt, oder weil der Fitnessclub-Beitrag von der Firma bezahlt wird und er abends mit der Firmen-Fußballmannschaft trainieren kann.“ Freizeit, Gesundheit, Weiterbildung sind in erster Linie Aspekte, die in die Hände und die Verantwortung jedes einzelnen Menschen direkt gehören – natürlich auch mit mehr oder weniger Unterstützung durch den Arbeitgeber, aber ohne die Verpflichtung, sie zu verantworten. Welche Systeme, Benefits, Gestaltungsmöglichkeiten rund um den Arbeitsplatz angeboten werden, sollte deshalb nicht durch Politik, Gesetze, gesellschaftlichen Gruppendruck oder dadurch, dass etwas gerade „in“ ist, festgelegt werden. Nein, das oberste Gebot in einem wirtschaftlich geführten Unternehmen muss die Wirtschaftlichkeit in Verbindung mit sozialer Verantwortung und den grundsätzlichen organisatorischen Möglichkeiten bzw. Gegebenheiten sein.

Vielleicht hilft ein Rückblick auf die Vergangenheit der deutschen Wirtschaft: Viele deutsche Unternehmen waren in den Jahrzehnten der Zeit nach dem 2. Weltkrieg international sehr erfolgreich – und dass, ohne die oben zitierten „New Work“-Ansätze. Vielleicht wäre eine Analyse über diesen Erfolg hilfreich, um den Zukunftsgefahren, die sich momentan global zusammenbrauen, effektiv begegnen zu können. Leistungsbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Risikobereitschaft, Flexibilität nicht nur in der Freizeit, sondern vor allem im Berufsleben zu zeigen, würde helfen. Dies setzt allerdings auch voraus, dass die Unternehmen mit ihrer Kultur einen Rahmen dafür schaffen. Die Stellschraube ist die Balance zwischen Unternehmenserfolg, sozialer Verantwortung und einem betriebsspezifischen, modernen Arbeitsumfeld und nicht der unreflektierte neuste Trend am Arbeitsmarkt.

Tags

  • Human Resource Management