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Chiplets – ein Ansatz zur kostenoptimierten weiteren IC-Miniaturisierung für höchste Leistungsfähigkeit von elektronischen Systemen
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Halbleitertechnik

Chiplets – ein Ansatz zur kostenoptimierten weiteren IC-Miniaturisierung für höchste Leistungsfähigkeit von elektronischen Systemen

Derzeit begeistern sich viele für Chiplets. Doch es bleibt die Frage, ob diese neue Systemarchitektur zur Grundstruktur der zukünftigen Halbleiter-Industrie werden kann bzw., ob sie die Antwort auf das Mooresche Gesetz sind. Hier gibt es noch einiges zu klären.

Bild 1: Hochdichte Verdrahtungsträger für Chiplets benötigen Fertigungstechniken, die ähnlich der Halbleiterfertigung sind (Bild: Fraunhofer IZM)
Bild 1: Hochdichte Verdrahtungsträger für Chiplets benötigen Fertigungstechniken, die ähnlich der Halbleiterfertigung sind (Bild: Fraunhofer IZM)

Wer nach einer Standarddefinition für ein Chiplet sucht, wird enttäuscht. Ein Chiplet ist vielmehr einer der möglichen Entwicklungswege für die Halbleitertechnik. Das Mooresche Gesetz besagt, dass die Strukturen der Bauelemente immer kleiner werden. Die zunehmende Verkleinerung der Halbleiterstrukturen und die damit einher gehende Steigerung der Technologiekomplexität haben zu einer enormen Kostensteigerung der IC-Fertigung geführt, so dass es wirtschaftlich nicht immer rentabel ist, in den Sub-14-Nanometer-Bereich vorzudringen. 7 nm sind bereits in der Produktion, aber für Anwendungen, die diese Strukturgrößen benötigen, gehen die Kosten für jede neue Chip-Generation in die mehrstelligen Millionenbeträge. Die Idee ist nun, verschiedene Arten von IPs zu verwenden, die für bestimmte Funktionen genutzt werden können. Unter IP-Cores versteht man einen vielfach einsetzbaren, vorgefertigten Funktionsblock eines Chipdesigns in der Halbleiterindustrie. Meist wird dieser als geistiges Eigentum (daher intellectual property) des Entwicklers weiter an andere IC-Designer lizenziert, um es in ein anderes IC-Design zu integrieren. Die verschiedenen Blöcke sind bereits getestet und können wie ein Puzzle zusammengesetzt werden, so dass man bereits vorhandene IC-Strukturen verwenden und nur die wichtigen Teile neu entwerfen könnte, z.B. die Sub-7 nm. Man vereint dazu z.B. alle analogen Teile in einem IC und fügt die Funktionen, die man neu entwerfen will, auf einem weiteren Chipelement hinzu. Ein solches Chiplet ist also im Wesentlichen kein voll funktionsfähiger Einzelchip, sondern Teil eines Chips, den man mit anderen Funktionselementen kombinieren kann. Im Moment verwendet man „SoC’s“ (Systems-on-Chip), die alle Funktionen auf einem Chip enthalten. Ein anderes Konzept, das etwas älter ist, ist das Multichip-Modul („MCM“). In einem MCM sind Chips miteinander verpackt, die ein modulares System bilden. Heute wird das auch oft als „SiP“ (System-in-Package) bezeichnet. Aber das Chiplet bietet die neue Idee, mehrere Funktionen aus verschiedenen ICs und Technologien neu zu kombinieren. 

„Konkret zielt man auf eine höhere Leistungsfähigkeit für Anwendungen wie künstliche Intelligenz oder autonomes Fahren ab. In diesem Bereich wird viel Rechenleistung benötigt und dafür braucht man eine wirtschaftliche Lösung. Auch hofft man, den Stromverbrauch zu senken, denn der Stromverbrauch ist die eine der großen Herausforderung für fahrerlose Autos.“

Dr. Michael Töpper, Geschäftsfeldentwickler am Fraunhofer IZM

Ob Chiplets eine Lösung im Sinne des Mooreschen Gesetzes sind, wird sich zeigen, insbesondere, da der Begriff "Gesetz" irreführend ist. Das Mooresche Gesetz ist eher eine Vorhersage. Und Chiplets sind eine Option, sie zu erfüllen. Das ist der Grund, warum die Technologie derzeit eines der heißesten Themen im Halbleiterbereich ist, getrieben durch verschiedene Entwicklungstrends. Unser Leben hat sich durch die Miniaturisierung bereits jetzt stark verändert. Nun kommen die Künstliche Intelligenz (KI) und das autonome Fahren hinzu. Chiplets bieten in diesem Kontext einen Ansatz für Low-Power- und High-Performance-Computing-Lösungen. Aktuell gibt es zwar Systeme, die in diesen Bereichen im Einsatz sind, aber es sind sperrige Workstations, die viel Leistung oder viel Platz benötigen. Aber auch bei Chiplets sind noch genügend Themen zu lösen: Eine der größten Herausforderungen ist derzeit, dass Standards geschaffen werden müssen. Am Ende werden dann Chips von verschiedenen Anbietern zusammenpassen müssen. Ein weiteres Thema ist die Zuverlässigkeit, denn beim autonomen Fahren muss garantiert sein, dass die Technologie vollkommen zuverlässig ist. Und dann gibt es aktuell Probleme mit der Verlustleistung, die immer noch recht hoch ist. Wenn man alles in einen so dichten Raum packt, muss man Wege finden, die Wärme aus dem System abzuführen. 

„Die ersten verfügbaren Produkte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Hauptboom in sechs oder sieben Jahren kommen wird“, so Töpper. „Dann könnten wir auch fahrerlose Autos auf der Straße sehen, was ein großer Markt für Chiplets wäre.“

Das Fraunhofer IZM konzentriert sich bei dieser Entwicklung mit zwei Technologielinien auf das Verbindungssubstrat: der Wafer-Technologie-Linie und der Panel-Linie, die mit organischen Substraten arbeitet. Letztere zielt auf die Routing-Dichte ab. Bei der Entwicklung muss aber klar sein, dass Chiplets nicht nur die nächsten zwei oder drei Jahre ein Thema sein werden, sondern eher die nächsten zehn.

So gesehen haben Chiplets viel Potenzial, aber relevante Märkte entwickeln sich gerade erst.

Autor

michael.toepper@izm.fraunhofer.de

Weiterführende Links

Mehr Informationen finden Sie im Blog des Fraunhofer IZM unter blog.izm.fraunhofer.de

Tags

  • Lösungen
  • Systeme
  • Miniaturisierung